Triumph der Worte
"Das Grundlegende Werkzeug zur Manipulation ist die Manipulation von Wörtern. Wer die Bedeutung von Worten kontrolliert, steuert diejenigen die diese Wörter verwenden müssen" schreibt der amerikanische Autor Philip K. Dick. Das wissen auch militärische Einheiten der psychologischen Kriegsführung, die Slogans wie "Win with Words" in ihren Erkennungszeichen führen. Wörter sind Waffen, und in diesem Krieg geht es um Themenhoheit, die Definitionsgewalt über Begrifflichkeit und die Kontrolle der Sprache als Teil von Informationsdominanz.
In einer deregulierten Welt globaler Auseinandersetzungen gibt es keinen Unterschied zwischen Krieg und Frieden, Krieg ist immer und überall. Informationskriege und omnidirektionale low-intensity Konflikte sind nicht mehr länger lokal eingrenzbar und nutzen das breite Spektrum biopolitischer Instrumentarien. Auch wenn sich eine militärische Vorherrschaft über die zivile Kommunikation u.a. in der Aufteilung des elektromagnetischen Spektrums und der Funkfrequenzen zeigt, sind Militarisierung und Kommerzialisierung kein Widerspruch. Im Gegenteil. Die neuen Wachstumsindustrien, Sicherheitsdienstleistungen, Private Military Companies und Public Relations, verschmelzen zunehmend oder sind über große Wirtschaftskonglomerate eng vernetzt.
In medialen Desinformationsgesellschaften ist die Artikulation einer öffentlichen Meinung weitgehend verschwunden. Sie wird durch Öffentlichkeitsarbeit ersetzt, von jenen die dafür bezahlen. Öffentlichkeit ist zur Ware weltweit operierender Medienunternehmen, Nachrichtendienste und staatlicher Agenturen geworden. Dieser Informationsschauplatz wird von einem Mix homogenisierter Medieninhalte von gleichartigen sich stets wiederholenden Bildern und andauernd wiederholten Text-Informationen bestimmt. Ein wenig Selbstkritik ist kalkulierter Teil der Strategie. Ein großer Teil des Medienmaterials stammt direkt aus den Labors dieser Propagandaküchen. (Expertenschätzungen von gehen von einem Anteil von mindestens 40% aus.)
Ein Begründer der modernen Public Relations, ausgehend von Ideen der Psychoanalyse, war Edward Bernays, ein Neffe Sigmund Freuds. Im New York der 20er Jahre brüstete er sich "den Willen der Massen nach Belieben manipulieren" zu können ohne dass sie es auch nur merken würden. Joseph Goebbels, ein eifriger Leser seiner Werke, war begeistert von diesen Möglichkeiten der Sprache: "Worte können geformt werden um darin Ideen zu Verkleiden."
Heute hat jede bessere Firmenzentrale einen War Room. PR Konzerne wie Hill & Knowlton, die Rendon Group, L3 oder Omnicon unterstützen Unternehmen, Regierungen und Diktatoren mit einem breiten Spektrum an Dienstleistungen, Strategischer Kommunikation und "Truth Projection". Aber die Inszenierung von Wirklichkeiten geht weit darüber hinaus die Bevölkerung an Kampfschauplätzen mit Fähnchen auszustatten und sie jubeln zu lassen. "Wir handeln nicht mit Bildern sondern mit Realität" sagt Harold Burson. Der Gründer von Burson-Martseller, eines legendären PR Konzerns, der sich unter anderem auf die Schaffung fiktiver Bürgerinitiativen, "Astroturf" spezialisierte.
In einer Auseinandersetzung mit taktischer Realität, in einer Welt die von strategischer Kommunikation dominiert wird, nehmen Wörterbucher und Konzepte der kulturellen Intelligence einen besonderen Stellenwert ein. In einer Ökonomie der Begrifflichkeit die von Militarisierung und Kommerzialisierung beherrscht wird, scheint für semiotische Demokratie und eine Kultur der Sprache die auf soziale Veränderungen abzielt kein Platz zu sein. Begriffe sind die Werkzeuge um Wirkungskräfte zu analysieren und zu neuen Perspektiven zu gelangen. Es bedarf daher einer Politik der Selbstaneignung von Begrifflichkeiten im Informationskrieg. Daraus ergibt sich die Möglichkeit Wirklichkeit da zu verändern wo sie entsteht, in der Sprache und ihren Bildern.